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VIII. Das Seyn

Anfang, der des seynsgeschichtlichen Denkens, wird angestimmt und vor-bestimmt durch das Entsetzen. Dieses öffnet das Da-sein für die Not der Notlosigkeit, in deren Schutz die Seinsverlassenheit des Seienden sich verbirgt.



270. Das Wesen des Seyns*
(die Wesung)


Wesung heißt die Weise, wie das Seyn selbst ist, nämlich das Seyn. Das Sagen »des« Seyns.

Das Seyn west als die Notschaft des Gottes in der Wächterschaft des Daseins.

Dieses Wesen ist das Er-eignis als das Ereignis, in dessen Zwischen der Streit von Welt und Erde und aus ihm diese selbst erst zu ihrem Wesen erstreitet (woher und wie der Streit?): das Seyn, die erstreitende Er-eignung zur Entgegnung der Götter und des Menschen.

Das Seyn ist nichts »an sich« und nichts »für« ein »Subjekt«. Als solches »an sich« kann nur die Seiendheit aufkommen, in der Gestalt der entmachteten φύσις, als ἰδέα, καθ' αύτό, als Vor-gestelltes und als Gegenstand. Der äußersten Verhaftung im Gegenständlichen sind alle Versuche verfallen, die das »Sein« und seine »Bestimmungen« (Kategorien) wie etwas Vorhandenes vorfinden wollen.

Jedes Sagen vom Seyn (das Sagen »des« Seyns, vgl. Das Seyn, 267. Das Seyn (Ereignis), S. 473 f.) muß das Er-eignis, jenes Zwischen der Inzwischenschaft von Gott und Dasein, Welt und Erde nennen und immer zwischendeutig entscheidend den Zwischengrund als Ab-grund ins stimmende Werk heben. Dieses Sagen ist nie eindeutig im Sinne der scheinbaren geradlinigen Eindeutigkeit der gewöhnlichen Rede, es ist aber ebensowenig wie diese nur viel- und mehrdeutig, sondern einzig nennend inständlich jenes Zwischen der erstreitenden Ereignung.


* vgl. Das Seyn, 267. Das Seyn (Ereignis)


Martin Heidegger (GA 65) Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis)

GA 65