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I. Die Anfängnis des Anfangs

Das Warten und die Wächterschaft ist kein Nichthaben und Ersthaben-wollen, auch kein »Haben« bloß, sondern ist die Gestimmtheit auf die Stimme des Stimmenden selbst, ist die Zugehörigkeit in das Anfangen, ist Würdigung der Würde, die allem als Anfang sich ereignet, ist das Nichtbedürfen der »Macht« und damit die Verabschiedung aller Seiendheit des Seienden.



7. Der Abschied


Das Wesen des Seyns ist der Anfang. Die Anfängnis des Anfangs ist der Abschied. Die Anfängnis ist das Ereignis des Untergangs. Der Untergang ist die Innigkeit der Anfängnis. Der Abschied ist die fernbleibende Ankunft des Verbergens der Verwahrung des Fortgangs im Anfang.

Der Abschied ist Ankunft, nicht in die Anwesung eines Vorhandenen, sondern anfängliche Ankunft, die in sich zurücktritt und ihre fernste Ferne innehält.

Das Wesen von Entbergung und Ereignis sind hier mitzudenken, um stets im Anfänglichen zu denken und nicht in das Vorstellen von »Abläufen« wegzugleiten.

Der Abschied meint hier auch nicht einen Verlust und Verzicht, er bedeutet nicht ein Verhältnis zwischen Seiendem, von diesem aus erfahren.

Heimisch im Seyn allein, vermögen wir ein Geringes von der Anfängnis des Anfangs zu wissen und den Abschied zu denken. Der Untergang in den Abschied scheint voller Negativität zu sein, wenn wir metaphysisch denken. Er ist doch der Anfang, wenn wir seynsgeschichtlich das Seyn erfragen.

Das Ereignis des Anfangs ist der Untergang.

Der Untergang ist der Abschied.

Der Abschied ist die Innigkeit des anfänglichen Er-eignens, das im Abschied reines Dichten ist, welches Dichten anfänglich bleibt vor aller Dichtung der »Dichter« und Denkungsart der »Denker«.


Martin Heidegger (GA 70) Über den Anfang

GA 70