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I. Die Anfängnis des Anfangs

Das »Letzte« des Anfangs ist nur die Anfänglichkeit seines Ersten, d. h. der Verbergung. Im Abschied fängt die Verbergung selbst an und Entbergung kann jetzt erst ein Geschenk sein, dessen Gabe den Reichtum des Einzigen nie mindert.

Im Abschied fängt der Anfang sich auf in seine Würde und schwingt aus in die Einzigkeit der Stille, für die nicht Zeit und nicht Ewigkeit mögliche Maße sind, da die Einzigkeit keine Messung duldet und nicht der Dauer bedarf, um sich einen Bestand zu sichern.

Aber aus dem Seienden erklärt und gerechnet, ist das untergängliche Wesen des Seyns, das im Abschied seine anfängliche Würde sich aufbewahrt, das völlig Sinnlose. Könnte die Metaphysik und die Weltanschauung sich dahin aufraffen, das Seyn als das Sinnlose auszurufen, dann würden beide dadurch doch noch jene Nähe zum Seyn erlangen, die ihrer Seinsvergessenheit zugestanden bleibt. Freilich kann diese Verwerfung des Seyns das Seyn selbst nie treffen.

Alle Metaphysik ist unfähig des Abschiedes und d. h. unvermögend des Anfangs.



8. Arifang und Schleier und Ereignis


Der Schleier im Anfang ist, daß er als An-fangen den Abschied an sich holt und zum voraus innehält, jedoch so, daß dies als Aufgang aufgeht und die Verbergung durch den zugelassenen Vorrang der Entbergung verhüllt wird. Die Überschleierung des Anfangs gehört in die Anfängnis.

Die Überschleierung gibt einen Wink in das anfängliche Wesen der Unterscheidung des Seyns zum Seienden.

Die Überschleierung ist die innigste Verbergung.

Zum schleierhaften Wesen des Seyns gehört auch das »Nichts«. Das Nichts als das in der Unterscheidung beschiedene Inzwischen gehört in den Anfang. Denn dieser ist Er-eignis und dieses ist die Dazwischenkunft des Inzwischen.


Martin Heidegger (GA 70) Über den Anfang

GA 70