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Zu Ereignis II Seinifrage und Ereignis

Wo ist ihr Da? Antwort: das »Da« selbst als ursprünglichstes — ist der Grund des Wo. Das Da — ist nicht »der Mensch« — was man so nennt — sondern jenes, dem er überantwortet und dem er sich entzieht, indem er es verfälscht — ihm nicht gewachsen bleibt — was nur möglich ist — im Schaffen und der immer neuen Überholung!

Warum aber die Offenheit als Un-verborgenheit? Weil Sein ursprünglich als φύσις; als aufgehendes Ent-stehen! [ 15]

Vgl. Sophocles [Aias, V. 646/7]: χρόνος φύει τ' ἄδηλα!27 — das Entstehen — ist das Heraus aus dem Geborgenen — Verborgenen — ins — Un-verborgene.

Das Glänzen — ist Helle bringen und in ihr sich zum Vorschein bringen.

Schönheit — die hellste Helle bringen und in ihr sich zeigen im Sinne von Sein — als Wahr-sein!

Nicht das Seiendste ist das Schönste! sondern das Schönste als das Schöne ist das Seiende!

Weil die Schönheit zum Wesen des Seins gehört und das Sein zu ermächtigen die Aufgabe der Griechen war — im Denken und Dichten — Kunst und Tat. Deshalb brauchten sie keine Aesthetik. Die Frage der »Schönheit« war für sie mit der Seinsfrage entschieden | und durch — Platon! Kein Zufall — daß jetzt erst καλόν, wenngleich noch mit ὄν zusammen.

Weil jetzt — Entmachtung des ὄν zu ἰδέα | ἐπιστήμη — entsprechend die Logik!

Strahlung und | ausschließendes Zuweisen |.

Weil das Sein im Wesen Schein ist als Aufglänzen — deshalb kann von ihm weg und aus ihm heraus — gegen es — gestoßen werden »der Schein«.

In welchem Sinne? Als Verdeckung — Verstellung. [16]

Vor allem zu beachten, daß die Frage nach der »Wahrheit« in dieser Form als die Unterscheidung von Sein und Schein sich geltend macht (δόξα). Das deutet zunächst darauf hin, daß Wahrheit zum Scheinen — Erscheinen gehört — darin zuerst besteht, und


27 [Sophoclis Fabulae. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit A. C. Pearson. Impressio Altera. Nonnullis locis correctior. Oxonii 1924.]


Martin Heidegger (GA 73 I) Zum Ereignis-Denken