D.J. Wenn die Prüfung die Brutfedern angeht, dann sagt dieses doch, daß die Prüfung die gefiederten Sänger betrifft, dieselben also, von denen das Waldgeschrei kommt.
D.Ä. Während die erste Fassung, nach der die Prüfung durch die Knie geht, offenbar nicht den Vogel meint, sondern »den Mann«, den Hölderlin freilich stets als den Sänger denkt.
D. J. Das Nennen der Brutfedern macht demnach deutlicher, daß die Prüfung die Sänger angeht. Warum sind aber gerade die Brutfedern10 genannt?
D.Ä. Dies müssen wir zuerst bedenken. Überdies scheint mir, es sei da nicht nur das, was durch die Prüfung getroffen wird, geändert und statt der Knie die Brutfedern gesetzt, sondern das Zu-sagende überhaupt ist anders gedacht. Die erste Fassung legten wir doch so aus: wenn der zum Singen des Gesanges berufene Mann das Geschickliche getroffen hat, das zum großen Geschick des Geistes gehört, das im Gesang ertönen soll, dann sind Herz und Ohr des Mannes offen für das morgendliche Singen der Haine, das den kommenden Tag begrüßt.
D.J. Und so das Lob des Lebens singt, das mit dem Tag aufgeht. Wenn ich deine Zusammenfassung noch knapper fassen darf, denken wir den Zusammenhang der zuerst gesagten Verse so: Gesetzt, ein Dichter habe die Prüfung bestanden, dann ist er imstande, das Waldgeschrei zu hören.
D.Ä. Gewiß. In der veränderten Fassung dagegen geht die Beziehung zwischen dem »wenn« und dem »mag« nicht unmittelbar den singenden Mann und sein Hörenkönnen an, sondern
10 brut, brüten = brühen — erwärmen. Die Brut - Nachkommenschaft von Tieren, die lebendige Junge zur Welt bringen, und von Menschen. — Braut — brût: Neuvermählte. Anderes Wort.
Ge-setz — Gebirg. — Setzen — Satzung.
Unterbringen -/ Gefängnis / Frei-setzen.
Sich niederlassen — (ansässig). Eine Zeit setzen. In Erstaunen setzen. Gesetzt, daß —. Voraus gesetzt.
[Notiz Heideggers auf gesondertem Blatt.]