Das Befremdliche und Einfache des »Bildes«; anders entspräche der Schluß gar nicht dem Verhüllten und der Wesentlichkeit des ganzen Gedichts.
»... Uns wiegen lassen, wie »indessen wiegte der See
Auf schwankem Kahne der See.« mich«, »Heimkunft«, Vers 43.
»Wiegte«?19 Oder selbst sich wiegen läßt? Wie der See sich wiegen läßt, gesammelt ins Eine, was vom See selbst getragen wird.
Wie wollen wir sein? Ist hier das »wollen« von »rückwärts wollen« aufgenommen? Oder ist zu ergänzen: Uns wiegen lassen; das ist doch das Wesentliche des Tragens und der »Treue«. Ist »Noth«!
»Die Ruhe« nicht als Aufhören, sondern als die Sammlung der Bewegtheit (das Heilige). Vgl. »Wie wenn am Feiertage«, Strophe II: »Denn ahnend ruhet sie selbst auch.« Vgl. »Die ... Ruhestätten.« Pindarfragment 1, V, 271.
Der Beistrich nach »lassen« zeigt an, daß der See eigenes »Subjekt« [ist] und daß das »wie« nicht sagen will: wie wenn wir wären auf schwankem Kahne des Meeres (»die See«). »Der See« ist nicht Genitiv zu »die See«, sondern der Nominativ von »der See«.
Uns wiegen lassen: Das Wiegen und Schwanken [ist] ein Bleiben.
»Uns wiegen lassen« Wie sich wiegen läßt auf schwankem Kahne der See. Erst so wird auch der Schluß so befremdlich und das Befremdlichste, wie alles in diesem Gedicht. Anders wäre der Schluß ein leerer Gemeinplatz! Das »ziellose sich treiben lassen« (von Hellingrath20) widerspricht völlig dem Ganzen, was das Gedicht sagt; und zumal als Schluß ist das Wort für Hölderlin das Wesentliche; daher muß es erst recht das Gesagte aufnehmen und, wie zumeist in diesen späten Dichtungen, ganz in das Befremdliche setzen.
19 »Wiegte?« [durch Striche mit] Kahne der See [und] indessen wiegte [verbunden].
20 [Norbert v. Hellingrath, Hölderlin-Vermächtnis, München 21944, S. 169.]