§ 13. Die eigentliche Auslegung von τὸ χρεών
wir mit dem Wort »der Brauch« für τὸ χρεών nicht nur einem alten Wort die verschüttete Bedeutung zurückgeben und das Wort ursprünglich wiedergewinnen, sondern daß wir zugleich und vor allem im Durchdenken seiner Bedeutung eben den verborgenen Wesensverhalt denken, der dem Sein selber nach dem Spruch des Anaximander eignet, gesetzt immer, To XPEWV nenne das Wesende im Anwesen des Anwesenden.
ß) Verdeutlichung der Auslegung des χρεών als »Brauch«: »Brauchen« = bedürfen und dürfen. Der »Brauch« als einbehaltendes Gewähren, als Versammlung von Ent-stehen und Ent-gehen in die Einheit des An-wesens, als einbehaltendes Wesenlassen des An-wesens als Weile
Wenn wir gewöhnlich das Wort »Brauch« hören, »es ist der Brauch«, dann meinen wir damit »das Übliche«. Wir bringen den »Brauch« in die Nähe von Sitte. »Brauchen« verstehen wir im Sinn von »nötig haben«, bedürfen, während »dürfen«, »darfen« seinerseits bedeutet: den Gebrauch von etwas haben, z.B. der Freiheit, diese »genießen«. Das »genießen« in diesem ursprünglichen Sinne meint das lateinische Wort frui (fruitio Dei); dasselbe »Wort« ist »brauchen« -brauchen: etwas, das zugesprochen ist, in Anspruch nehmen. Der reine Anspruch im Nicht-Ablassen vom Lassen, das reine Lassen als gewährendes Einbehalten, das nichts in Besitz nimmt, sondern nur einbehält, um zu lassen, nämlich um das Anwesen in sein Wesen zu entlassen, das Wesen des reinen Zwingens. Dieses ist das reine Brauchen: der Brauch. »Das Genießen« verstehen wir meistens in dem abgeleiteten Sinne des Verzehrs und Verbrauchs aus einer Sucht. Das ursprünglich in sich brauchende Genießen ist kein Brauchen zu einem Nutzen, da es selbst in dem Selben, worin es braucht, das Lassen ist aus der Unablässigkeit des einbehaltenden Gewährens. Entstehen zum Anwesen, aus Anwesen Entgehen, Anwesen als entgehendes Entstehen und entstehendes Entgehen gehören zusammen, sind in ihr Wesen versammelt im Brauch. Deshalb sagt der Spruch von