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Das Ge-Stell


vor-gestellt in einer wesentlichen Zweideutigkeit dieses Wortes »vor-gestellt«, nämlich: im vorhinein gestellt und zwar in die Hinsicht des Berechnens.

Die Natur, die dem Anschein nach der Technik gegenüber steht, ist bereits aus dem Wesen der Technik her in den Bestand des Ge-Stells als Grundbestand eingestellt. Das Wesen der modernen Technik beginnt geschichtlich zu walten mit dem Beginn der neuzeitlichen Naturwissenschaft vor drei und einhalb Jahrhunderten. Was sagt dies? Es sagt nicht, die moderne Technik sei zunächst nur Naturwissenschaft gewesen und sei dann als deren Anwendung erst später entstanden. Es sagt vielmehr: Das Wesen der modernen Technik, das Ge-Stell, begann mit dem wesensmäßigen Grundakt des Bestellens, insofern es zuerst die Natur als den Grund-Bestand im vorhinein sicher stellte. Die moderne Technik ist nicht angewandte Naturwissenschaft, vielmehr ist die neuzeitliche Naturwissenschaft Anwendung des Wesens der Technik, worin sich diese an ihren Grundbestand wendet, um ihn in die Verwendbarkeit sicher zu stellen.

Für die Naturwissenschaft ist nur etwas als anwesend, wenn es vorausberechenbar und insofern es dieses ist. Die für alles naturwissenschaftliche Vorstellen maßgebende Vorausberechenbarkeit der Naturabläufe ist die vor-stellungsmäßige Bestellbarkeit der Natur als Bestand eines Erfolgens. Ob diese Berechenbarkeit eindeutig und gewiß ausfällt, oder nur wahrscheinlich bleibt und deshalb lediglich statistisch erfaßbar, ändert an dem vom Wesen der Technik her allein zugelassenen Wesen der Natur als Bestand nicht das mindeste.r Die Atomphysik ist zwar experimentell-rechnerisch anders geartet als die klassische Physik. Aus dem Wesen gedacht bleibt sie jedoch die selbe Physik.

Im Weltalter der Technik ist die Natur keine Grenze der Technik. Die Natur ist da vielmehr das Grundbestandstück des technischen Bestandes — und nichts außerdem.


r die Maschinen — die atomaren Abläufe und die entsprechenden Methoden


Martin Heidegger (GA 79) Bremer und Freiburger Vorträge

Bremen Lectures and Freiburg Lectures pp. 40-41