III. Vortrag
Der Satz der Identität
Der Satz der Identität lautet nach einer geläufigen Formel: Α = Α. Der Satz gilt als das oberste Denkgesetz. Diesem Satz versuchen wir für eine Weile nachzudenken. Wir hören den Satz als eine Aussage über die Identität. Wir möchten durch den Satz erfahren, was Identität heißt.
Wenn das Denken, von einer Sache angesprochen, dieser nachgeht, kann es ihm geschehen, daß es sich unterwegs wandelt. Darum ist es ratsam, im Folgenden auf den Weg zu achten, weniger auf den Inhalt. Bei diesem recht zu verweilen, verwehrt uns schon der Fortgang des Vortrages.
Was sagt die Formel Α = A, in der man uns den Satz der Identität darzustellen pflegt? Die Formel nennt die Gleichheit von Α und A. Zu einer Gleichung gehören wenigstens zwei. Ein Α gleicht einem andern. Will der Satz der Identität solches aussagen? Offenkundig nicht. Das Identische, lateinisch idem, heißt griechisch τό αυτό. In unsere deutsche Sprache übersetzt, heißt τό αυτό das Selbe. Wenn einer immerfort das Selbe sagt, ζ. B.: Die Pflanze ist Pflanze, spricht er in einer Tautologie. Damit etwas das Selbe sein kann, genügt je eines. Es bedarf nicht ihrer zwei wie bei der Gleichheit.
Die Formel Α = Α spricht von Gleichheit. Sie nennt nicht Α als das Selbe. Die geläufige Formel für den Satz der Identität verdeckt somit gerade das, was der Satz sagen möchte: Α ist A, d. h. jedes Α ist selber dasselbe.
Während wir das Identische in dieser Weise umschreiben, klingt ein altes Wort an, wodurch Platon das Identische vernehmlich macht, ein Wort, das auf ein noch älteres zurückdeutet. Platon spricht im Dialog Sophistes 254 d von στάσις und κίνησις, von Stillstand und Umschlag. Platon läßt hier den