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Anmerkungen IV

Dimension für alle Transzendenz (vgl. Wahrheitsvortrag 1930). Aber das Wesen der Dimension bleibt, ist zwar aus der Wahrheit des Seins gedacht, doch eben diese Wahrheit des Seins ist noch nicht klar genug als der Unter-Schied selbst erfahren, obzwar im »Seyn« vermutet.

Mit der »Differenz« ist zwar in »Sein und Zeit« (vgl. Vorlesung 192710) die entscheidende Dimension erkannt; aber sie entscheidet das Denken noch nicht so, daß es ent-schieden wird in den Unter-Schied, um aus diesem zu denken. Die »Differenz« gibt erst nur eine transzendentale Kennzeichnung des Unterschieds. Sie verhindert selber das Denken des Unterschieds, insofern sie es in die Transzendenz bindet, die alles verhüllt, auch dann, wenn sie im vorhinein von der Ἀλήθεια und Ekstasis her erfahren wird. Dieses Erfahren verstärkt so gar die Meinung, mit dieser nicht platonischen und nicht-theologischen und nicht bewußtseins-theoretischen Bestimmung der Transzendenz sei deren Wesen gedacht und die Bestimmbarkeit des Wesens der Differenz sei auf diesem Wege ins Reine gebracht.

Mein Denken seit 1927 ist ein einziges Ringen mit dem Unterschied; eine Kette von Versuchen, den Unterschied ohne die Rücksicht auf die Transzendenz und Differenz zu sagen, d. h. dasjenige zu sagen, was als Ungesagtes seit der Grunderfahrung der Seinsvergessenheit immer unumgänglicher sich mir zuspricht.


Die Auseinandersetzung mit Nietzsches Metaphysik: das besagt: sie einrücken lassen in die Jähe der Machenschaft des Seyns als deren Vollendung und d. h. Stiften ihrer Beständigung. So erst wird Nietzsches Denken und unser Denken aus-einander und damit erst zu-einander in die Stellung der durch die Kehre ereigneten, im Wesen verschiedenen Erfahrungen und Weisen gebracht. Das Gespräch mit Nietzsche ist erst möglich, wenn es einmal das Seyn spricht und wenn Nietzsche zugleich selbst aus der vollen Zugehörigkeit zum Ganzen der Wesensgeschichte der Metaphysik


10 [Martin Heidegger: Die Grundprobleme der Phänomenologie. GA 24. Hrsg. von Friedrich-Wilhelm von Herrmann. Frankfurt am Main 1975, S. 321-469.]


Martin Heidegger (GA 97) Anmerkungen I-V (Schwarze Hefte) (1942-48)

GA 97