wie...«. Solches Sichzeigen nennen wir Scheinen. Und so hat auch im Griechischen der Ausdruck φαινόμενον, Phänomen, die Bedeutung, das so Aussehende wie, das »Scheinbare«, der »Schein«; φαινόμενον ἀγαθόν meint ein Gutes, das so aussieht wie – aber »in Wirklichkeit« das nicht ist, als was es sich gibt. Für das weitere Verständnis des Phänomenbegriffes liegt alles daran zu sehen, wie das in den beiden Bedeutungen von φαινόμενον Genannte (»Phänomen« das Sichzeigende und »Phänomen« der Schein) seiner Struktur nach unter sich zusammenhängt. Nur sofern etwas überhaupt seinem Sinne nach prätendiert, sich zu zeigen, d. h. Phänomen zu sein, kann es sich zeigen als etwas, was es nicht ist, kann es »nur so aussehen wie...«. In der Bedeutung φαινόμενον (»Schein«) liegt schon die ursprüngliche Bedeutung (Phänomen: das Offenbare) mitbeschlossen als die zweite fundierend. Wir weisen den Titel »Phänomen« terminologisch der positiven und ursprünglichen Bedeutung von φαινόμενον zu und unterscheiden Phänomen von Schein als der privativen Modifikation von Phänomen. Was aber beide Termini ausdrücken, hat zunächst ganz und gar nichts zu tun mit dem, was man »Erscheinung« oder gar »bloße Erscheinung« nennt.
So ist die Rede von »Krankheitserscheinungen«. Gemeint sind Vorkommnisse am Leib, die sich zeigen und im Sichzeigen als diese Sich zeigenden etwas »indizieren«, was sich selbst nicht zeigt. Das Auftreten solcher Vorkommnisse, ihr Sichzeigen, geht zusammen mit dem Vorhandensein von Störungen, die selbst sich nicht zeigen. Erscheinung als Erscheinung »von etwas« besagt demnach gerade nicht: sich selbst zeigen, sondern das Sichmelden von etwas, das sich nicht zeigt, durch etwas, was sich zeigt. Erscheinen ist ein Sich-nicht-zeigen. Dieses »Nicht« darf aber keineswegs mit dem privativen Nicht zusammengeworfen werden, als welches es die Struktur des Scheins bestimmt. Was sich in der Weise nicht zeigt, wie das Erscheinende, kann auch nie scheinen. Alle Indikationen, Darstellungen, Symptome und Symbole haben die angeführte formale Grundstruktur des Erscheinens, wenngleich sie unter sich noch verschieden sind.
Obzwar »Erscheinen« nicht und nie ist ein Sichzeigen im Sinne von Phänomen, so ist doch Erscheinen nur möglich auf dem Grunde eines Sichzeigens von etwas. Aber dieses das Erscheinen mit ermöglichende Sichzeigen ist nicht das Erscheinen selbst. Erscheinen ist das Sich-melden durch etwas, was sich zeigt. Wenn man dann sagt, mit dem Wort »Erscheinung« weisen wir auf etwas hin, darin etwas erscheint, ohne selbst Erscheinung zu sein, so ist damit nicht der Begriff von Phänomen umgrenzt, sondern vorausgesetzt, welche Vor-