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Das Sein der Substanz, deren auszeichnende proprietas die extensio darstellt, wird danach ontologisch grundsätzlich bestimmbar, wenn der den drei Substanzen, der einen unendlichen und den beiden endlichen, »gemeinsame« Sinn von Sein aufgeklärt ist. Allein nomen substantiae non convenit Deo et illis univoce, ut dici solet in Scholis, hoc est... quae Deo et creaturis sit communis1. Descartes rührt hiermit an ein Problem, das die mittelalterliche Ontologie vielfach beschäftigte, die Frage, in welcher Weise die Bedeutung von Sein das jeweils angesprochene Seiende bedeutet. In den Aussagen »Gott ist« und »die Welt ist« sagen wir Sein aus. Dieses Wort »ist« kann aber das jeweilige Seiende nicht in demselben Sinne (συνόνύμός, univoce) meinen, wo doch zwischen beiden Seienden ein unendlicher Unterschied des Seins besteht; wäre das Bedeuten von »ist« ein einsinniges, dann würde das Geschaffene als Ungeschaffenes gemeint oder das Ungeschaffene zu einem Geschaffenen herabgezogen. »Sein« fungiert aber auch nicht als bloßer gleicher Name, sondern in beiden Fällen wird »Sein« verstanden. Die Scholastik faßt den positiven Sinn des Bedeutens von »Sein« als »analoges« Bedeuten im Unterschied zum einsinnigen oder nur gleichnamigen. Man hat im Anschluß an Aristoteles, bei dem wie im Ansatz der griechischen Ontologie überhaupt das Problem vorgebildet ist, verschiedene Weisen der Analogie fixiert, wonach sich auch die »Schulen« in der Auffassung der Bedeutungsfunktion von Sein unterscheiden. Descartes bleibt hinsichtlich der ontologischen Durcharbeitung des Problems weit hinter der Scholastik zurück2, ja er weicht der Frage aus. Nulla eius [substantiae] nominis significatio potest distincte intelligi, quae Deo et creaturis sit communis.3 Dieses Ausweichen besagt, Descartes läßt den in der Idee der Substanzialität beschlossenen Sinn von Sein und den Charakter der »Allgemeinheit« dieser Bedeutung unerörtert. Dem, was Sein selbst besagt, hat zwar auch die mittelalterliche Ontologie so wenig nachgefragt wie die antike. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn eine Frage wie die nach der Weise des Bedeutens von Sein nicht von der Stelle kommt, solange sie auf dem Grunde eines ungeklärten Sinnes von Sein, den die Bedeutung »ausdrückt«, erörtert werden will. Der Sinn blieb ungeklärt, weil man ihn für »selbstverständlich« hielt.


1 a. a. O. n. 51, S. 24.

2 Vgl. hierzu Opuscula omnia Thomas de Vio Caietani Cardinalis. Lugduni 1580, Tomus III, Tractatus V: de nominum analogia, p. 211-219.

3 Descartes, Principia I, n. 51, S. 24.


Martin Heidegger - Sein und Zeit