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wäre, daß das Dasein zunächst und zumeist nicht es selbst ist? Wenn die existenziale Analytik mit dem oben genannten Ansatz bei der Gegebenheit des Ich dem Dasein selbst und einer naheliegenden Selbstauslegung seiner gleichsam in die Falle liefe? Wenn sich ergeben sollte, daß der ontologische Horizont für die Bestimmung des in schlichter Gebung Zugänglichen grundsätzlich unbestimmt bleibt? Man kann wohl immer ontisch rechtmäßig von diesem Seienden sagen, daß »Ich« es bin. Die ontologische Analytik jedoch, die von solchen Aussagen Gebrauch macht, muß sie unter grundsätzliche Vorbehalte stellen. Das »Ich« darf nur verstanden werden im Sinne einer unverbindlichen formalen Anzeige von etwas, das im jeweiligen phänomenalen Seinszusammenhang vielleicht sich als sein »Gegenteil« enthüllt. Dabei besagt dann »Nicht-Ich« keineswegs so viel wie Seiendes, das wesenhaft der »Ichheit« entbehrt, sondern meint eine bestimmte Seinsart des »Ich« selbst, zum Beispiel die Selbstverlorenheit.

Aber auch die bisher gegebene positive Interpretation des Daseins verbietet schon den Ausgang von der formalen Gegebenheit des Ich in Absicht auf eine phänomenal zureichende Beantwortung der Werfrage. Die Klärung des In-der-Welt-seins zeigte, daß nicht zunächst »ist« und auch nie gegeben ist ein bloßes Subjekt ohne Welt. Und so ist am Ende ebensowenig zunächst ein isoliertes Ich gegeben ohne die Anderen.1 Wenn aber »die Anderen« je schon im In-der-Welt-sein mit da sind, dann darf auch diese phänomenale Feststellung nicht dazu verleiten, die ontologische Struktur des so »Gegebenen« für selbstverständlich und einer Untersuchung unbedürftig zu halten. Die Aufgabe ist, die Art dieses Mitdaseins in der nächsten Alltäglichkeit phänomenal sichtbar zu machen und ontologisch angemessen zu interpretieren.

Wie die ontische Selbstverständlichkeit des An-sich-seins des innerweltlich Seienden zur Überzeugung von der ontologischen Selbstverständlichkeit des Sinnes dieses Seins verleitet und das Phänomen der Welt übersehen läßt, so birgt auch die ontische Selbstverständlichkeit, daß das Dasein je meines ist, eine mögliche Verführung der zugehörigen ontologischen Problematik in sich. Zunächst ist das Wer des Daseins nicht nur ontologisch ein Problem, sondern es bleibt auch ontisch verdeckt.



1 Vgl. die phänomenologischen Aufweisungen von M. Scheler, Zur Phänomenologie und Theorie der Sympathiegefühle, 1913, Anhang S. 118 ff.; ebenso die 2. Aufl. unter dem Titel: Wesen und Formen der Sympathie, 1923, S. 244 ff.


Martin Heidegger - Sein und Zeit