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Frage stellen, der die vorbereitende Fundamentalanalyse des Daseins überhaupt zustrebt: wie ist existenzial-ontologisch die Ganzheit des aufgezeigten Strukturganzen zu bestimmen?

Das Dasein existiert faktisch. Gefragt wird nach der ontologischen Einheit von Existenzialität und Faktizität, bzw. der wesenhaften Zugehörigkeit dieser zu jener. Das Dasein hat auf Grund seiner ihm wesenhaft zugehörenden Befindlichkeit eine Seinsart, in der es vor es selbst gebracht und ihm in seiner Geworfenheit erschlossen wird. Die Geworfenheit aber ist die Seinsart eines Seienden, das je seine Möglichkeiten selbst ist, so zwar, daß es sich in und aus ihnen versteht (auf sie sich entwirft). Das In-derWelt-sein, zu dem ebenso ursprünglich das Sein bei Zuhandenem gehört wie das Mitsein mit Anderen, ist je umwillen seiner selbst. Das Selbst aber ist zunächst und zumeist uneigentlich, das Manselbst. Das In-der-Welt-sein ist immer schon verfallen. Die durchschnittliche Alltäglichkeit des Daseins kann demnach bestimmt werden als das verfallend-erschlossene, geworfen-entwerfende Inder-Welt-sein, dem es in seinem Sein bei der »Welt« und im Mitsein mit Anderen um das eigenste Seinkönnen selbst geht.

Kann es gelingen, dieses Strukturganze der Alltäglichkeit des Daseins in seiner Ganzheit zu fassen? Läßt sich das Sein des Daseins einheitlich so herausheben, daß aus ihm die wesenhafte Gleichursprünglidikeit der aufgezeigten Strukturen verständlich wird in eins mit den zugehörigen existenzialen Modifikationsmöglichkeiten? Gibt es einen Weg, dieses Sein phänomenal auf dem Boden des jetzigen Ansatzes der existenzialen Analytik zu gewinnen?

Negativ steht außer Frage: Die Ganzheit des Strukturganzen ist phänomenal nicht zu erreichen durch ein Zusammenbauen der Elemente. Dieses bedürfte eines Bauplans. Zugänglich wird uns das Sein des Daseins, das ontologisch das Strukturganze als solches trägt, in einem vollen Durchblick durch dieses Ganze auf ein ursprünglich einheitliches Phänomen, das im Ganzen schon liegt, so daß es jedes Strukturmoment in seiner strukturalen Möglichkeit ontologisch fundiert. Die »zusammenfassende« Interpretation kann daher kein aufsammelndes Zusammennehmen des bisher Gewonnenen sein. Die Frage nach dem existenzialen Grundcharakter des Daseins ist wesenhaft verschieden von der Frage nach dem Sein eines Vorhandenen. Das alltägliche umweltliche Erfahren, das ontisch und ontologisch auf das innerweltliche Seiende gerichtet bleibt, vermag Dasein nicht ontisch ursprünglich vorzugeben für die ontologische Analyse. Imgleichen mangelt der immanenten Wahrnehmung von Erlebnissen ein ontologisch


Martin Heidegger - Sein Und Zeit