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Aufgehens, sind zusammengeworfen, bzw. gar nicht erst unterschieden. Welt aber ist mit dem Sein des Daseins wesenhaft erschlossen; »Welt« ist mit der Erschlossenheit von Welt je auch schon entdeckt. Allerdings kann gerade das innerweltliche Seiende im Sinne des Realen, nur Vorhandenen noch verdeckt bleiben. Entdeckbar jedoch ist auch Reales nur auf dem Grunde einer schon erschlossenen Welt. Und nur auf diesem Grunde kann Reales noch verborgen bleiben. Man stellt die Frage nach der »Realität« der »Außenwelt« ohne vorgängige Klärung des Weltphänomens als solchen. Faktisch orientiert sich das »Außenweltproblem« ständig am innerweltlichen Seienden (den Dingen und Objekten). So treiben diese Erörterungen in eine ontologisch fast unentwirrbare Problematik.

Die Verwicklung der Fragen, die Vermengung dessen, was bewiesen werden will, mit dem, was bewiesen wird, und mit dem, womit der Beweis geführt wird, zeigt sich in Kants »Widerlegung des Idealismus«1. Kant nennt es »einen Skandal der Philosophie und allgemeinen Menschenvernunft«2, daß der zwingende und jede Skepsis niederschlagende Beweis für das »Dasein der Dinge außer uns« immer noch fehle. Er selbst legt einen solchen Beweis vor und zwar als Begründung des »Lehrsatzes«: »Das bloße, aber empirisch bestimmte Bewußtsein meines eigenen Daseins beweist das Dasein der Gegenstände im Raum außer mir«3.

Zunächst ist ausdrücklich zu bemerken, daß Kant den Terminus »Dasein« zur Bezeichnung der Seinsart gebraucht, die in der vorliegenden Untersuchung »Vorhandenheit« genannt wird. »Bewußtsein meines Daseins« besagt für Kant: Bewußtsein meines Vorhandenseins im Sinne von Descartes. Der Terminus »Dasein« meint sowohl das Vorhandensein des Bewußtseins wie das Vorhandensein der Dinge.

Der Beweis für das »Dasein der Dinge außer mir« stützt sich darauf, daß zum Wesen der Zeit gleichursprünglich Wechsel und Beharrlichkeit gehören. Mein Vorhandensein, das heißt das im inneren Sinn gegebene Vorhandensein einer Mannigfaltigkeit von Vorstellungen, ist vorhandener Wechsel. Zeitbestimmtheit aber setzt etwas beharrlich Vorhandenes voraus. Dieses aber kann nicht »in uns« sein, »weil eben mein Dasein in der Zeit durch dieses Beharrliche allererst bestimmt werden kann«4. Mit dem empirisch gesetzten vorhandenen


1 Vgl. Kr. d. r. V., 2. A. [B] S. 274 ff., ferner die verbessernden Zusätze in der Vorrede zur 2. Aufl. S. XXXIX, Anmerkung; ebenso: Von den Paralogismen der reinen Vernunft, a. a. O. S. 399 ff., bes. S. 412.

2 a. a. O. Vorrede, Anm.

3 a. a. O. S. 275.

4 a. a. O. S. 275.


Martin Heidegger - Sein und Zeit