Unterschied kann nur sichtbar werden durch eine Abgrenzung des daseinsmäßigen Endens gegen das Ende eines Lebens1. Zwar läßt sich das Sterben auch physiologisch-biologisch auffassen. Der medizinische Begriff des »Exitus« deckt sich aber nicht mit dem des Verendens.
Aus der bisherigen Erörterung der ontologischen Erfassungsmöglichkeit des Todes wird zugleich klar, daß unvermerkt sich vordrängende Substruktionen von Seiendem anderer Seinsart (Vorhandenheit oder Leben) die Interpretation des Phänomens, ja schon die erste angemessene Vorgabe desselben, zu verwirren drohen. Dem ist nur so zu begegnen, daß für die weitere Analyse eine zureichende ontologische Bestimmtheit der konstitutiven Phänomene, als da sind Ende und Ganzheit, gesucht wird.
§ 48. Ausstand, Ende und Ganzheit
Die ontologische Charakteristik von Ende und Ganzheit kann im Rahmen dieser Untersuchung nur vorläufig sein. Ihre zureichende Erledigung verlangt nicht nur die Herausstellung der formalen Struktur von Ende überhaupt und Ganzheit überhaupt. Sie bedarf zugleich der Auswicklung ihrer möglichen regionalen, das heißt entformalisierten, auf je bestimmtes »sachhaltiges« Seiendes bezogenen und aus dessen Sein determinierten strukturalen Abwandlungen. Diese Aufgabe setzt wiederum eine genügend eindeutige, positive Interpretation der Seinsarten voraus, die eine regionale Scheidung des Alls des Seienden verlangen. Das Verständnis dieser Seinsweisen aber verlangt eine geklärte Idee von Sein überhaupt. Eine angemessene Erledigung der ontologischen Analyse von Ende und Ganzheit scheitert nicht nur an der Weitläufigkeit des Themas, sondern an der grundsätzlichen Schwierigkeit, daß zur Bewältigung dieser Aufgabe gerade das in dieser Untersuchung Gesuchte (Sinn von Sein überhaupt) schon als gefunden und bekannt vorausgesetzt werden muß.
Das vorwaltende Interesse der folgenden Betrachtungen gehört den »Abwandlungen« von Ende und Ganzheit, die als ontologische Bestimmtheiten des Daseins eine ursprüngliche Interpretation dieses Seienden führen sollen. Im ständigen Hinblick auf die schon herausgestellte existenziale Verfassung des Daseins müssen wir zu entscheiden versuchen, wie weit die sich zunächst vordrängenden Begriffe von Ende und Ganzheit, mögen sie kategorial auch noch so unbestimmt
1 Vgl. § 10, S. 45 ff.