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dem »Sterbenden«, sondern ebenso sehr den »Tröstenden«. Und selbst im Falle des Ablebens noch soll die Öffentlichkeit durch das Ereignis nicht in ihrer besorgten Sorglosigkeit gestört und beunruhigt werden. Sieht man doch im Sterben der Anderen nicht selten eine gesellschaftliche Unannehmlichkeit, wenn nicht gar Taktlosigkeit, davor die Öffentlichkeit bewahrt werden soll1.

Das Man setzt sich aber zugleich mit dieser das Dasein von seinem Tod abdrängenden Beruhigung in Recht und Ansehen durch die stillschweigende Regelung der Art, wie man sich überhaupt zum Tode zu verhalten hat. Schon das »Denken an den Tod« gilt öffentlich als feige Furcht, Unsicherheit des Daseins und finstere Weltflucht. Das Man läßt den Mut zur Angst vor dem Tode nicht aufkommen. Die Herrschaft der öffentlichen Ausgelegtheit des Man hat auch schon über die Befindlichkeit entschieden, aus der sich die Stellung zum Tode bestimmen soll. In der Angst vor dem Tode wird das Dasein vor es selbst gebracht als überantwortet der unüberholbaren Möglichkeit. Das Man besorgt die Umkehrung dieser Angst in eine Furcht vor einem ankommenden Ereignis. Die als Furcht zweideutig gemachte Angst wird überdies als Schwäche ausgegeben, die ein selbstsicheres Dasein nicht kennen darf. Was sich gemäß dem lautlosen Dekret des Man »gehört«, ist die gleichgültige Ruhe gegenüber der »Tatsache«, daß man stirbt. Die Ausbildung einer solchen »überlegenen« Gleichgültigkeit entfremdet das Dasein seinem eigensten, unbezüglichen Seinkönnen.

Versuchung, Beruhigung und Entfremdung kennzeichnen aber die Seinsart des Verfallens. Das alltägliche Sein zum Tode ist als verfallendes eine ständige Flucht vor ihm. Das Sein zum Ende hat den Modus des umdeutenden, uneigentlich verstehenden und verhüllenden Ausweichens vor ihm. Daß das je eigene Dasein faktisch immer schon stirbt, das heißt in einem Sein zu seinem Ende ist, dieses Faktum verbirgt es sich dadurch, daß es den Tod zum alltäglich vorkommenden Todesfall bei Anderen umprägt, der allenfalls uns noch deutlicher versichert, daß »man selbst« ja noch »lebt«. Mit der verfallenden Flucht vor dem Tode bezeugt aber die Alltäglichkeit des Daseins, daß auch das Man selbst je schon als Sein zum Tode bestimmt ist, auch dann, wenn es sich nicht ausdrücklich in einem »Denken an den Tod« bewegt. Dem Dasein geht es auch in der durchschnittlichen Alltäglich-


1 L. N. Tolstoi hat in seiner Erzählung »Der Tod des Iwan Iljitsch« das Phänomen der Erschütterung und des Zusammenbruchs dieses »man stirbt« dargestellt.


Martin Heidegger - Sein und Zeit