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Angst1. In ihr befindet sich das Dasein vor dem Nichts der möglichen Unmöglichkeit seiner Existenz. Die Angst ängstet sich um das Seinkönnen des so bestimmten Seienden und erschließt so die äußerste Möglichkeit. Weil das Vorlaufen das Dasein schlechthin vereinzelt und es in dieser Vereinzelung seiner selbst der Ganzheit seines Seinkönnens gewiß werden läßt, gehört zu diesem Sichverstehen des Daseins aus seinem Grunde die Grundbefindlichkeit der Angst. Das Sein zum Tode ist wesenhaft Angst. Die untrügliche, obzwar »nur« indirekte Bezeugung dafür gibt das gekennzeichnete Sein zum Tode, wenn es die Angst in feige Furcht verkehrt und mit der Überwindung dieser die Feigheit vor der Angst bekundet.

Die Charakteristik des existenzial entworfenen eigentlichen Seins zum Tode läßt sich dergestalt zusammenfassen: Das Vorlaufen enthüllt dem Dasein die Verlorenheit in das Man-selbst und bringt es vor die Möglichkeit, auf die besorgende Fürsorge primär ungestützt, es selbst zu sein, selbst aber in der leidenschaftlichen, von den Illusionen des Man gelösten, faktischen, ihrer selbst gewissen und sich ängstenden Freiheit zum Tode.

Alle dem Sein zum Tode zugehörigen Bezüge auf den vollen Gehalt der charakterisierten äußersten Möglichkeit des Daseins sammeln sich darin, das durch sie konstituierte Vorlaufen als Ermöglichung dieser Möglichkeit zu enthüllen, zu entfalten und festzuhalten. Die existenzial entwerfende Umgrenzung des Vorlaufens hat die ontologische Möglichkeit eines existenziellen eigentlichen Seins zum Tode sichtbar gemacht. Damit taucht aber dann die Möglichkeit eines eigentlichen Ganzseinkönnens des Daseins auf – aber doch nur als eine ontologische Möglichkeit. Zwar hielt sich der existenziale Entwurf des Vorlaufens an die früher gewonnenen Daseinsstrukturen und ließ das Dasein gleichsam selbst sich auf diese Möglichkeit entwerfen, ohne ihm ein »inhaltliches« Existenzideal vorzuhalten und »von außen« aufzuzwingen. Und trotzdem bleibt doch dieses existenzial »mögliche« Sein zum Tode existenziell eine phantastische Zumutung. Die ontologische Möglichkeit eines eigentlichen Ganzseinkönnens des Daseins bedeutet solange nichts, als nicht das entsprechende ontische Seinkönnen aus dem Dasein selbst erwiesen ist. Wirft sich das Dasein je faktisch in ein solches Sein zum Tode? Fordert es auch nur aus dem Grunde seines eigensten Seins ein eigentliches Seinkönnen, das durch das Vorlaufen bestimmt ist?



1 Vgl. § 40, S. 184 ff.


Martin Heidegger - Sein und Zeit