Nur Seiendes, das seinem Seinssinne nach sich befindet, das heißt existierend je schon gewesen ist und in einem ständigen Modus der Gewesenheit existiert, kann affiziert werden. Affektion setzt ontologisch das Gegenwärtigen voraus, so zwar, daß in ihm das Dasein auf sich als gewesenes zurückgebracht werden kann. Wie Reiz und Rührung der Sinne in einem Nur-Lebenden ontologisch zu umgrenzen sind, wie und wo überhaupt das Sein der Tiere zum Beispiel durch eine »Zeit« konstituiert wird, bleibt ein Problem für sich.
c) Die Zeitlichkeit des Verfallens1
Die zeitliche Interpretation des Verstehens und der Befindlichkeit stieß nicht nur auf eine je für das betr. Phänomen primäre Ekstase, sondern immer zugleich auf die ganze Zeitlichkeit. Wie die Zukunft primär das Verstehen, die Gewesenheit die Stimmung ermöglicht, so hat das dritte konstitutive Strukturmoment der Sorge, das Verfallen, seinen existenzialen Sinn in der Gegenwart. Die vorbereitende Analyse des Verfallens begann mit einer Interpretation des Geredes, der Neugier und der Zweideutigkeit2. Die zeitliche Analyse des Verfallens soll denselben Gang nehmen. Wir schränken die Untersuchung jedoch ein auf eine Betrachtung der Neugier, weil an ihr die spezifische Zeitlichkeit des Verfallens am leichtesten zu sehen ist. Die Analyse des Geredes und der Zweideutigkeit dagegen setzt schon die Klärung der zeitlichen Konstitution der Rede und des Deutens (der Auslegung) voraus.
Die Neugier ist eine ausgezeichnete Seinstendenz des Daseins, gemäß der es ein Sehenkönnen besorgt3. »Sehen« wird wie der Begriff der Sicht nicht auf das Vernehmen durch die »leiblichen Augen« eingeschränkt. Das Vernehmen im weiteren Sinne läßt das Zuhandene und Vorhandene an ihm selbst »leibhaftig« hinsichtlich seines Aussehens begegnen. Dieses Begegnenlassen gründet in einer Gegenwart. Sie gibt überhaupt den ekstatischen Horizont, innerhalb dessen Seiendes leibhaftig anwesend sein kann. Die Neugier gegenwärtigt aber das Vorhandene nicht, um es, bei ihm verweilend, zu verstehen, sondern sie sucht zu sehen, nur um zu sehen und gesehen zu haben. Als dieses sich in ihm selbst verfangende Gegenwärtigen steht die Neugier in einer ekstatischen Einheit mit einer entsprechenden Zukunft und Gewesenheit. Die Gier nach dem Neuen ist zwar ein Vordringen
1 Vgl. § 38, S. 175 ff.
2 Vgl. §§ 35 ff., S. 167 ff.
3 Vgl. § 36, S. 170 ff.