Wenn die Historie, selbst eigentlicher Geschichtlichkeit entwachsend, wiederholend das dagewesene Dasein in seiner Möglichkeit enthüllt, dann hat sie auch schon im Einmaligen das »Allgemeine« offenbar gemacht. Die Frage, ob die Historie nur die Reihung der einmaligen, »individuellen« Begebenheiten oder auch »Gesetze« zum Gegenstand habe, ist in der Wurzel schon verfehlt. Weder das nur einmalig Geschehene noch ein darüber schwebendes Allgemeines ist ihr Thema, sondern die faktisch existent gewesene Möglichkeit. Diese wird nicht als solche wiederholt, das heißt eigentlich historisch verstanden, wenn sie in die Blässe eines überzeitlichen Musters verkehrt wird. Nur faktische eigentliche Geschichtlichkeit vermag als entschlossenes Schicksal die dagewesene Geschichte so zu erschließen, daß in der Wiederholung die »Kraft« des Möglichen in die faktische Existenz hereinschlägt, das heißt in deren Zukünftigkeit auf sie zukommt. Die Historie nimmt daher – sowenig wie die Geschichtlichkeit des unhistorischen Daseins – ihren Ausgang keineswegs in der »Gegenwart« und beim nur heute »Wirklichen«, um sich von da zu einem Vergangenen zurückzutasten, sondern auch die historische Erschließung zeitigt sich aus der Zukunft. Die »Auswahl« dessen, was für die Historie möglicher Gegenstand werden soll, ist schon getroffen, in der faktischen, existenziellen Wahl der Geschichtlichkeit des Daseins, in dem allererst die Historie entspringt und einzig ist.
Die in der schicksalhaften Wiederholung gründende historische Erschließung der »Vergangenheit« ist so wenig »subjektiv«, daß sie allein die »Objektivität« der Historie gewährleistet. Denn die Objektivität einer Wissenschaft regelt sich primär daraus, ob sie das ihr zugehörige thematische Seiende in der Ursprünglichkeit seines Seins dem Verstehen unverdeckt entgegenbringen kann. In keiner Wissenschaft sind die »Allgemeingültigkeit« der Maßstäbe und die Ansprüche auf »Allgemeinheit«, die das Man und seine Verständigkeit fordert, weniger mögliche Kriterien der »Wahrheit« als in der eigentlichen Historie.
Nur weil das zentrale Thema der Historie je die Möglichkeit der dagewesenen Existenz ist und diese faktisch immer weltgeschichtlich existiert, kann sie von sich die unerbittliche Orientierung an den »Tatsachen« fordern. Deshalb verzweigt sich die faktische Forschung vielfältig und macht Zeug-, Werk-, Kultur-, Geistes- und Ideen-Geschichte zu ihrem Gegenstand. Die Geschichte ist zugleich an ihr selbst als sichüberliefernde je in einer ihr zugehörigen Ausgelegtheit, die selbst ihre eigene Geschichte hat, so daß die Historie zumeist erst durch die Überlieferungsgeschichte hindurch zum Dagewesenen selbst