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kann zunächst in der einfachsten Form der antiken »Bauernuhr« geschehen. Im Schatten, der Jedermann ständig begleitet, begegnet die Sonne hinsichtlich ihrer wechselnden Anwesenheit an den verschiedenen Plätzen. Die untertags verschiedenen Schattenlängen können »jederzeit« abgeschritten werden. Wenn auch die Körper- und Fußlängen der Einzelnen verschieden sind, so bleibt doch das Verhältnis beider in gewissen Grenzen der Genauigkeit konstant. Die öffentliche Zeitbestimmung der besorgenden Verabredung zum Beispiel erhält dann die Form: »Wenn der Schatten soviel Fuß lang ist, dann wollen wir uns dort treffen«. Dabei ist im Miteinandersein in den engeren Grenzen einer nächsten Umwelt unausdrücklich die Gleichheit der Polhöhe des »Ortes«, an dem das Abschreiten des Schattens sich vollzieht, vorausgesetzt. Diese Uhr braucht das Dasein nicht einmal erst bei sich zu tragen, es ist sie in gewisser Weise selbst.

Die öffentliche Sonnenuhr, bei der sich ein Schattenstrich entgegengesetzt dem Lauf der Sonne auf einer bezifferten Bahn bewegt, bedarf keiner weiteren Beschreibung. Aber warum finden wir jeweils an der Stelle, die der Schatten auf dem Zifferblatt einnimmt, so etwas wie Zeit? Weder der Schatten, noch die eingeteilte Bahn ist die Zeit selbst und ebensowenig ihre räumliche Beziehung zu einander. Wo ist denn die Zeit die wir dergestalt an der »Sonnenuhr«, aber auch an jeder Taschenuhr direkt ablesen?

Was bedeutet Zeitablesung? »Auf die Uhr sehen« kann doch nicht nur besagen: das zuhandene Zeug in seiner Veränderung betrachten und die Stellen des Zeigers verfolgen. Im Uhrgebrauch das Wieviel-Uhr feststellend, sagen wir, ob ausdrücklich oder nicht: jetzt ist es so und soviel, jetzt ist es Zeit zu..., bzw. es hat noch Zeit... nämlich jetzt, bis um... Das Auf-die-Uhr-sehen gründet in einem und wird geführt von einem Sich-Zeit-nehmen. Was sich schon bei der elementarsten Zeitrechnung zeigte, wird hier deutlicher: das auf die Uhr sehende Sichrichten nach der Zeit ist wesenhaft ein Jetzt-sagen. Es ist so »selbstverständlich«, daß wir es garnicht beachten und noch weniger ausdrücklich darum wissen, daß hierbei das Jetzt je schon in seinem vollen strukturalen Bestände der Datierbarkeit, Gespanntheit, Öffentlichkeit und Weltlichkeit verstanden und ausgelegt ist.

Das Jetzt-sagen aber ist die redende Artikulation eines Gegenwärtigem, das in der Einheit mit einem behaltenden Gewärtigen sich zeitigt. Die im Uhrgebrauch sich vollziehende Datierung erweist sich als ausgezeichnetes Gegenwärtigen eines Vorhandenen. Die Datierung


Martin Heidegger - Sein und Zeit