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nimmt nicht einfach auf ein Vorhandenes Bezug, sondern das Bezugnehmen selbst hat den Charakter des Messens. Zwar kann die Maßzahl unmittelbar abgelesen werden. Darin liegt jedoch: es wird ein Enthaltensein des Maßstabs in einer zu messenden Strecke verstanden, das heißt das Wie-oft seiner Anwesenheit in ihr wird bestimmt. Das Messen konstituiert sich zeitlich im Gegenwärtigen des anwesenden Maßstabes in der anwesenden Strecke. Die in der Idee des Maßstabes liegende Unveränderung besagt, daß er jederzeit für jedermann in seiner Beständigkeit vorhanden sein muß. Messende Datierung der besorgten Zeit legt diese im gegenwärtigenden Hinblick auf Vorhandenes aus, das als Maßstab und als Gemessenes nur in einem ausgezeichneten Gegenwärtigen zugänglich wird. Weil in der messenden Datierung das Gegenwärtigen von Anwesendem einen besonderen Vorrang hat, spricht sich die messende Zeitablesung auf der Uhr auch in einem betonten Sinne mit dem Jetzt aus. In der Zeitmessung vollzieht sich daher eine Veröffentlichung der Zeit, dergemäß diese jeweils und jederzeit für jedermann als »jetzt und jetzt und jetzt« begegnet. Diese »allgemein« an den Uhren zugängliche Zeit wird so gleichsam wie eine vorhandene Jetztmannigfaltigkeit vorgefunden, ohne daß die Zeitmessung thematisch auf die Zeit als solche gerichtet ist.

Weil die Zeitlichkeit des faktischen In-der-Welt-seins ursprünglich die Raumerschließung ermöglicht und das räumliche Dasein je aus einem entdeckten Dort sich ein daseinsmäßiges Hier angewiesen hat, ist die in der Zeitlichkeit des Daseins besorgte Zeit hinsichtlich ihrer Datierbarkeit je an einen Ort des Daseins gebunden. Nicht die Zeit wird an einen Ort geknüpft, sondern die Zeitlichkeit ist die Bedingung der Möglichkeit dafür, daß sich die Datierung an das Räumlichörtliche binden kann, so zwar, daß dieses als Maß für jedermann verbindlich ist. Die Zeit wird nicht erst mit dem Raum verkoppelt, sondern der vermeintlich zu verkoppelnde »Raum« begegnet nur auf dem Grunde der zeitbesorgenden Zeitlichkeit. Gemäß der Fundierung der Uhr und der Zeitrechnung in der Zeitlichkeit des Daseins, die dieses Seiende als geschichtliches konstituiert, läßt sich zeigen, inwiefern der Uhrgebrauch ontologisch selbst geschichtlich ist und jede Uhr als solche eine »Geschichte hat«1.



1 Auf das relativitätstheoretische Problem der Zeitmessung ist hier nicht einzugehen. Die Aufklärung der ontologischen Fundamente dieser Messung setzt schon eine Klärung der Weltzeit und der Innerzeitigkeit aus der Zeitlichkeit des Daseins und ebenso die Aufhellung der existenzial-zeitlichen


Martin Heidegger - Sein und Zeit