Mühl ausgezeichnete Festreden halten konnte, viel bessere als ich jetzt eine halte, hieß er »Der Festreduard«. Zwar habe ich keine seiner Festreden mehr gehört. Dagegen hat er uns an langen Winterabenden auf eine ungewöhnlich lebendige und vollendete Art viele Geschichten erzählt von seinen Wanderungen in jungen Jahren als »Bürstema in der Schwiz«. Leute seines Schlages brachten damals nicht nur ihre Bürstenwaren von Dorf zu Dorf, von Hof zu Hof. Sie brachten zugleich die neuesten Nachrichten mit und waren so die lebendige Zeitung. Dem Festreduard seine zweite, an Jahren jüngere Frau stammte von den »Büreten«. Ihr Vater war der damals schon verstorbene Zimmermann Rotzinger, der Lehrmeister des Zimmermanns Pius Schweitzer in der Rütte. An diesen Mann wurden wir gewiesen, als wir uns 1922 entschlossen hatten, in Todtnauberg eine kleine Hütte, sechs zu sieben Meter, zu bauen in der Absicht, einen Ort der Sammlung für die Arbeit und einen Ort der Naturnähe für die Familie zu haben. Der Hof des Zimmermeisters Schweitzer in der Rütte sei, so sagte man uns im Dorf, leicht zu finden, denn er trage auf dem Dachfirst ein Glockenhüsle. Das Glöckli ist heute noch das Betzitglöckle und läutet auch jedesmal durch das Hochtal, wenn einer in der Rütte gestorben ist und zum Friedhof ins Dorf gebracht wird.

Der Pius Schweitzer also baute die Hütte. Er war ein echter Meister, weit über Todtnauberg hinaus bekannt und begehrt wegen der Gründlichkeit und Sorgfalt seines handwerklichen Könnens. Er hatte nicht nur einen ausgezeichneten natürlichen Sinn für die rechten Maße und für die einfache Schönheit von allem, was er plante und baute. Er war auch in der Arbeit selber immer zuverlässig und exakt. So wählte er auch den Platz für die Hütte. Es war ein Stück Ödland, das dem Pius Klingele, dem »schwarzen Pius«, gehörte, der im hinteren Teil vom »Kloster« wohnte, ein lebhafter, leicht erregbarer Mann, ein Hitzkopf. Darüber gibt's noch eine lustige Geschichte.

Die Frau von dem allzufrüh verstorbenen Meister Pius Schweitzer war, genauer gesagt, ist d'Josephine -sie lebt heute


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